(04) Zeichnungen innerhalb des Stammteils
Statt weiterer Farbbilder sollte eine künstlerische Gestaltung durch Zeichnungen eingebracht werden. Da die drei Ausdrucksformen Wort, Musik und Bild ihre eigenen Wahrnehmungsqualitäten haben, sollten sie sich ergänzen. Insofern dienen die Zeichnungen nicht der Bestätigung oder Illustration von Sprache oder Musik.
Da die einzufügenden Zeichnungen durchweg nicht ganze Seiten ausfüllen konnten, durften sie aber auch nicht zu Lückenbüßern werden. Vielmehr sollten sie eigenständig als kleine lineare Kunstwerke mit den Schrift- und Notenzeichen korrespondieren und so das Gotteslob zu einer kleinen bibliophilen Kostbarkeit werden lassen.
Angeregt wurde ich vor Jahren durch den Austausch mit kulturellen Vertretern der Kirche in Frankreich. Dort waren Ende der achtziger Jahre liturgische Bücher herausgebracht worden, die durch ihre ungewöhnliche grafische Gestaltung auffielen. Neben den in schwarzen Buchstaben gelegentlich rot wiedergegebenen Schriftzeichen machten in den Büchern kleine Kohlestift- und Pinselzeichnungen auf sich aufmerksam.
Diesen mutigen Schritt vor Augen, suchte die Arbeitsgruppe der Unterkommission nach einem Künstler, der qualitätsvoll graphische Zeichen als Lebensspuren in unser Gebet- und Gesangbuch einbringen könnte.
Nach einem Vorschlag der Stuttgarter Bibelanstalt entschieden wir uns nach längerem Suchen für die Künstlerin Monika Bartholomé, die gerade durch ihre Zeichnungen auf sich aufmerksam gemacht hatte. Sie hat in Köln ihr Atelier, hat einen großen Bekanntheitsgrad erreicht und arbeitet gerne mit der Linie als „Spur des unmittelbaren Ausdrucks einer Bewegung der Hand, ‚niedergeschrieben‘ mit Stift oder Pinsel.“ (Dieses Zitat sowie alle weiteren von Monika Bartholomé sind aus ihren Darlegungen zu diesem Gebet- und Gesangbuchprojekt entnommen.)
Monika Bartholomé: „Zeichnen – Zeichen – Lebensspuren“
Um sie verstehen zu lernen, lohnt es sich, ihren eigenen Gedanken hinsichtlich ihrer Schaffensweise zu folgen:
„Die Hand folgt der inneren Bewegung.
Die Hand tut nicht, sie empfängt, nimmt auf und gibt ab. Die Hand zeigt im Prozess des Zeichnens das Hin und Her zwischen Wahrnehmen, Denken, Empfinden. Die Hand ist durch die Formulierungen der Linien die geistige Mittlerin zwischen innen und aussen. Die Linie ist abstrakt und konkret zugleich.“
Zu ihren – inzwischen auf ca. 120 angewachsenen – Arbeiten für das Gotteslob reflektierte sie: „Im GGB kommunizieren formal und ästhetisch gesehen lineare Zeichen miteinander, die Schrift- und Notenzeichen. Die Bleistift- und Pinselzeichnungen kommen als dritte Gruppe von Zeichen hinzu.
Alle Linien, die der Buchstaben, der Noten, der Bildzeichen reagieren aufeinander und bilden am Ende ein Ganzes. Alle Zeichen sind Schwarz/Weiss auf weißem Grund. Das Rot strukturiert die Kapitel, unterstreicht, hebt hervor. Wesentlich in diesem Miteinander aus Wort, Musik und Bild ist wie in der Musik, die Leerstelle. Ohne Pausen gibt es keine Musik.“