Ein „Muster“ der GL-Einführung
Interview mit Matthias Balzer, dem Verantwortlichen für die Einführung des neuen Gotteslob im Bistum Trier
Im Advent 2013 erscheint das neue „Gotteslob“. Damit es wirklich zu einem pastoralen Aufbruch kommen kann, sind die beteiligten (Erz-)Bistümer angehalten, bereits im Vorfeld auf der Ebene ihrer Diözese Projekte zur Einführung des neuen Gebet- und Gesangbuches zu starten. Besonders früh hat das Bistum Trier begonnen, hierfür ein Konzept zu erarbeiten. Der Kirchenmusikreferent des Bistums Trier, Matthias Balzer, ist Verantwortlicher für die Einführung. Mit ihm hat die Zeitschrift „Gottesdienst“ über die Einführungsmaßnahmen und welche Chancen sie im Einzelnen mitbringen, gesprochen.
Gd: Herr Balzer, Sie sind Verantwortlicher für die Einführung des neuen GL im Bistum Trier. Was hat es mit dieser Aufgabe genau auf sich?
Balzer: Jede der 37 an der Herausgabe des neuen GL beteiligten Diözesen hat eine/n eigenen Verantwortliche/n für dessen Einführung, welcher vom jeweiligen (Erz-)Bischof ernannt wurde - so auch im Bistum Trier. Ich war als Kirchenmusiker bereits vor dieser Ernennung Mitglied in der Trierer Bistumskommission für die Erstellung des diözesanen Eigenteiles und bin deshalb u. a. bereits von Anfang an mit dem Thema GL vertraut.
Gd: Diese organisatorisch aufwändige Aufgabe ist nicht im Alleingang zu bewältigen. Wer steht Ihnen bei Ihrer Aufgabe zur Seite? Welche Ressourcen stehen Ihnen zur Verfügung?
Balzer: Im Frühjahr 2012 wurde ein eigenes Bistumsprojekt „Einführung des neuen Gotteslob“ ins Leben gerufen, das organisatorisch in die Struktur des Bischöflichen Generalvikariates eingebunden und auf zwei Jahre angelegt ist. Als Projektleiter sind mir vor allem Frauen und Männer aus der pastoralen und kirchenmusikalischen Praxis zur Seite gestellt, aber auch betriebswirtschaftliche Kompetenz ist vorhanden. Gebündelt wird die Arbeit in vier Teilprojektgruppen, welche die Felder „Pastoral“, „Liturgie“, „Musik“ und „Presse- und Kommunikationsarbeit“ abdecken und jeweils konkrete „Arbeitspakete“, also Projekte für die GL-Einführung, erarbeiten und planen.
Gd: Der Standort Trier ermöglicht ja eine besonders enge Kooperation mit dem Deutschen Liturgischen Institut (DLI), das ebenfalls in der Moselstadt angesiedelt ist. Auf welche Weise arbeiten Sie und das Institut zusammen?
Balzer: Unser Bistum hat bereits sehr früh Überlegungen angestellt, wie wir das neue GL in unserem Bistum einführen können. Da das DLI den offiziellen Auftrag hat, vor allem durch die Erstellung bzw. Sammlung von Arbeitshilfen unterstützend zu wirken, lag eine Zusammenarbeit von Anfang an nahe. Für uns beide ist die Kooperation eine gegenseitige „Win-Win-Situation“! Wir können uns den aktuellsten Stand bei den Arbeitshilfen und das Know-how des DLI zu Nutzen machen. Im Gegenzug kann das Institut von unseren Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung der Maßnahmen profitieren. Letztlich soll unser Bistumsprojekt „GL-Einführung“ als Hilfestellung und, so man das will, als „Muster“ für andere Diözesen dienen.
Gd: In welchen Bereichen wird das Bistum Trier konkret die Gläubigen auf das neue GL vorbereiten?
Balzer: Die Bereiche sind durch die vier eben genannten Teilprojektgruppen „Pastoral“, „Liturgie“, „Musik“ und „Presse- und Kommunikationsarbeit“ abgesteckt. Uns war es von Anfang an wichtig, dass jeder, der von der Einführung des neuen GL tangiert wird, von Anfang an mit ins Boot genommen wird. So war es möglich, für jeden Bereich spezielle „Arbeitspakete“ zu schnüren, die von den einzelnen Teilprojektgruppen im Detail ausgearbeitet werden.
Gd: Welche „Arbeitspakete“ sind im Rahmen des Bereichs „Liturgie“ geplant?
Balzer: Einen wichtigen Schwerpunkt bildet die Förderung bzw. Weiterbildung von Leiter/innen nichtsakramentaler Gottesdienste, Liturgieformen, denen ja im neuen GL ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Wir wollen Leiter/innen von Wort-Gottes-Feiern speziell darin schulen, nichtsakramentale Gottesdienste - etwa Tagzeitenliturgien - mit Hilfe des neuen GL zu feiern. Auch in der Aus- und Fortbildung der Priester und Diakone soll die Arbeit mit dem neuen Buch zum Standard werden. Weiterhin ist ein „Startgottesdienst“ zum GL-Einführungstermin am 1. Advent 2013 im Trierer Dom geplant. Eine Vorlage für ähnliche Gottesdienste in den Pfarrgemeinden, wenn möglich unter Mitwirkung der Chöre, soll ebenfalls erstellt werden.
Gd: Gibt es für Sie als Kirchenmusiker bei der Einführung des neuen GL ein bestimmtes Lieblingsprojekt?
Balzer: Zunächst muss man einmal festhalten, dass spezielle Projekte einfach gewichtiger und umfangreicher sind als andere. Z. B. die Singeleiter-Ausbildung. Gemeinsam mit einem Organisten sollen Singeleiter mit der Gemeinde neue Lieder einstudieren. Aber auch der Förderung nichtsakramentaler Gottesdienstformen kommt in Anbetracht der immer größer werdenden pastoralen Räume eine bedeutende Rolle zu. Vielleicht kann damit die ungute Verengung unserer „Liturgiekultur“ auf die Eucharistiefeier wieder aufgebrochen werden. Außerdem besitzen all jene Projekte ein großes Gewicht, die dazu beitragen, gottesdienstliche und kirchenmusikalische Parallelwelten zu integrieren. Tatsächlich hat das alte GL in Kindergarten, Schule oder Erstkommunionvorbereitung so gut wie keine Rolle mehr gespielt.
Wenn Sie mich aber nach meinem Lieblingsprojekt fragen, dann fällt mir spontan das „Offene Singen“ ein, denn damit können wir nicht nur die typischen Kirchgänger ansprechen. Mit „Offenen Singen“ haben wir die Chance, im besten Sinn missionarisch Kirche zu sein. Unsere Erfahrungen bei der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 in Trier, bei der die täglich stattfindenden „Offenen Singen“ rege angenommen wurden, haben gezeigt, dass dies auch heutzutage gelingen kann.
Gd: In welchen Bereichen besteht gegenwärtig noch Klärungsbedarf?
Balzer: Vielerorts fällt meiner Meinung nach die Begeisterung für die Einführung des neuen GL noch verhalten aus. In vielen Diözesen sind Pastoral und Verwaltung derart stark mit zeit- und kraftraubende Strukturdiskussionen beschäftigt, dass noch nicht erkannt wird, welche positive, pastorale Horizonte die Einführung des neuen GL eröffnen kann. - Auf der Ebene unseres Bistums müssen wir in den kommenden Monaten sehen, wie mit unserem begrenzten Personalpool die fast 40 geplanten „Arbeitspakete“ in die Tat umgesetzt werden können.
Gd: In den Gemeinden tauchen immer wieder die Fragen auf: Wer finanziert die Anschaffung der neuen GL-Bücher? Wird das nicht zu teuer für uns?
Balzer: Der genaue Kaufpreis für das neue GL steht gegenwärtig noch nicht fest, sodass ich dazu nichts sagen kann. Ich hoffe aber, dass diese Frage bald geklärt wird, da bereits zahlreiche Anfragen aus den Kirchengemeindeverbänden vorliegen. Das Bistum Trier hat aber unabhängig davon beschlossen, die Anschaffung der sogenannten Kirchenausgaben mit 400.000 € subventionieren. Dennoch muss man ehrlicherweise zugeben, dass jede Gemeinde die Anschaffung des neuen GL selbst finanzieren muss und dass es für Gemeinden mit finanziellen Engpässen deshalb zu Schwierigkeiten kommen könnte. Zu welchen konkreten Problemen dies dann in der Praxis führt, ist jetzt noch nicht abzuschätzen.
Gd: Wann wird man Ihrer Meinung nach von einer gelungenen Einführung des neuen GL sprechen können? Was sind Ihre Ziele?
Balzer: Eine Aussage darüber, ob die Einführung gelungen oder aber missglückt ist, kann man wohl erst in fünf bis zehn Jahren machen. Unsere zugegebenermaßen anspruchsvollen Ziele sind, mit der Einführung des neuen GL einen Impuls zur Glaubensverkündigung im Bistum zu geben, einen bedeutenden Teil der Lieder und Gesänge des neuen GL bekannt zu machen, die zahlreichen Angebote für nichtsakramentale Liturgie und Gebetsformen in die Praxis der Kirchengemeinden einzuführen, das neue GL als Hausbuch für persönliches Gebet und Singen zu erschließen sowie das jahrhundertealte große kulturelle und religiöse Erbe der deutschsprachigen Gesangbuchtradition in unsere Zeit zu tragen. Ich persönlich wäre darüber hinaus froh, wenn es gelingen würde, das neue GL in den normalen Gemeindealltag einzufügen, die oben genannten Parallelwelten zu integrieren sowie mit dem „Offenen Singen“ auch kirchlich distanzierte Menschen zu erreichen. Ebenfalls würde es mich freuen, wenn vom neuen GL auch ein ökumenischer Impuls im Hinblick auf das Lutherjahr 2017 ausgehen würde. Schließlich verbindet die Gesangbuchtradition ja Katholiken und Protestanten in besonderem Maße.
Gd: Welche Maßnahmen sind geplant, um auch nach Erscheinen des neuen GL seine Akzeptanz in den Gemeinden zu untersuchen und zu fördern?
Balzer: Unser Bistumsprojekt „GL-Einführung“ ist insgesamt auf zwei Jahre angelegt und läuft bis Ende 2014, umgreift also das begonnene Jahr vor dem Erscheinen des GL und läuft darüber hinaus ein Jahr weiter.
Konkret geplant sind über diesen Zeitraum hinaus schon spezielle Kantorenschulungsangebote, um (Chor-)Sänger/innen sowie Teilnehmer unserer Kirchenmusik-Ausbildungsgänge zur Übernahme von Vorsängerteilen und des Kantorengesangs zu befähigen. Außerdem steht die Erstellung eines Chorbuches zu den Liedern unseres Diözesaneigenteils an. Beides wird ab dem Jahr 2015 realisiert. Außerdem existieren Projekte, die jetzt bereits anlaufen, aber über den Projektzeitraum hinaus weitergeführt werden müssen: So sollen Liedpläne für alle drei Lesejahre erstellt werden. Auch die Weiterführung der Monatsliedaktion ist geplant.
Gd: Für das neue GL wurden neben dem allgemeinen Stammteil wieder diözesane Eigenteile erstellt. Wie tragen diese den regionalen Eigenheiten Rechnung?
Balzer: Jedes Bistum setzt da bestimmt seine eigenen Akzente. Für das Bistum Trier galten zwei Prioritäten: Zum einen sollte das traditionsreiche Trierer Liedgut auch für die Zukunft bewahrt und, soweit notwendig, sogar wiederbelebt werden. So wurden z. B. Lieder des alten Trierer Gesangbuches, dem Vorgänger des alten Gotteslobes, wieder in den Eigenteil aufgenommen. Zum anderen war es der Bistumskommission aber auch wichtig, neue Impulse mit Liedern und Gesängen, etwa aus dem Liederbuch „Unterwegs“ oder aus dem Pilgerbuch der letzten Heilig-Rock-Wallfahrt zu setzen.
Gd: Welche besonderen Erwartungen knüpfen Sie persönlich an das neue GL?
Balzer: Ich freue mich auf das neue GL, da es aus meiner Sicht einfach ein tolles Buch ist. Ich habe selber von 2004 an einige Jahre in der AG „Lieder“ der Unterkommission „Gemeinsames Gebet- und Gesangbuch“ mitgearbeitet und es wird Zeit, dass es endlich erscheint. Für mich bietet das Buch außerdem eine große Chance, die verschiedenen kirchlichen Berufsgruppen, die im Alltag häufig mehr nebeneinander als miteinander arbeiten, in diesem Projekt zusammenzuführen. Die Kirchenmusik versteht sich ja nicht als abgeschlossener Bereich, im Gegenteil: Sie kann und sollte als Katalysator für eine stärkere Zusammenarbeit aller pastoralen Mitarbeiter wirken.
Das Interview führte Manuel Uder, Trier.
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