Balthasar-Fischer-Preis 2022

Anja Becker-Chouati ist Preisträgerin des Balthasar-Fischer-Preises 2022

 

Das Deut­sche Lit­ur­gi­sche Insti­tut in Trier hat am 5. Sep­tem­ber 2022 zum neun­ten Mal den Bal­tha­sar-Fischer-Preis zur För­de­rung der lit­ur­gie­wis­sen­schaft­li­chen For­schung verliehen.

Der Preis weiß sich dem Lebens­werk Prof. Dr. Bal­tha­sar Fischers (1912 – 2001) ver­pflich­tet, des lang­jäh­ri­gen Ordi­na­ri­us für Lit­ur­gie­wis­sen­schaft an der Theo­lo­gi­schen Fakul­tät Trier. Die Jury hat­te für das Aus­wahl­ver­fah­ren vier wis­sen­schaft­li­che Arbei­ten zuge­las­sen. Mit­glie­der der Jury waren: Prof. Dr. Mar­co Beni­ni, Trier; Prof. Dr. Jür­gen Bärsch, Eich­stätt; Prof. Dr. Win­fried Hau­ner­land, Mün­chen; Prof. Dr. Mar­tin Klö­cke­ner, Fri­bourg, Dr. Mari­us Lin­nen­born, Lei­ter des DLI, Trier. 

Preis­trä­ge­rin des Jah­res 2022 ist Dr. Anja Becker-Choua­ti, Köln. Die Aus­zeich­nung wur­de ihr zuer­kannt auf­grund ihrer Stu­die „Sakral­bau­ten zwi­schen Tra­di­ti­on und Moder­ne. Ent­wür­fe und Bau­ten des Archi­tek­ten Theo­dor Bur­la­ge (1894–1971)“. Die kunst­ge­schicht­li­che Dis­ser­ta­ti­on wur­de im Win­ter­se­mes­ter 2020/21 von der Uni­ver­si­tät zu Köln ange­nom­men und erschien 2022 in der Rei­he „Bild – Raum – Fei­er. Stu­di­en zu Kir­che und Kunst“ im Ver­lag Schnell & Stei­ner, Regensburg.

Der Stell­ver­tre­ten­de Vor­sit­zen­de des Insti­tuts, Prof. Dr. Mar­tin Klö­cke­ner, über­reich­te im Rah­men einer Fest­ver­an­stal­tung in der Aka­de­mie des Bis­tums Mainz, Erba­cher Hof, den mit 3.000 Euro dotier­ten Preis. Im Jahr 2022 wur­de das Preis­geld vom För­der­ver­ein des  Deut­sches Lit­ur­gi­schen Insti­tuts bereitgestellt.

 

Prof. Dr. Mar­tin Klö­cke­ner, Stell­ver­tre­ten­der Vor­sit­zen­der des Deut­schen Lit­ur­gi­schen Insti­tuts e. V.; Preis­trä­ge­rin Dr. Anja Becker-Choua­ti; Dr. Mari­us Lin­nen­born, Lei­ter des DLI (re.)

 

Würdigung der Studie

 

In sei­ner Lau­da­tio wies Prof. Dr. Mar­tin Klö­cke­ner dar­auf hin, dass die Ver­fas­se­rin einen Bei­trag zur archi­tek­tur­his­to­ri­schen For­schung ver­folgt, die­sen dar­über hin­aus aber in den grö­ße­ren Zusam­men­hang gesell­schaft­li­cher Wand­lun­gen stellt. «Dabei geht es nicht nur um den Erhalt denk­mal­wer­ter Sub­stanz und um das Bewusst­sein regio­na­ler Iden­ti­tät, son­dern gesamt­ge­sell­schaft­lich auch um die Ver­mitt­lung eines christ­lich-reli­gi­ös gepräg­ten kol­lek­ti­ven Gedächt­nis­ses, das zuneh­mend schwin­det» (2).

„Von «Hül­le» und «Fül­le» spricht die Autorin immer wie­der, wenn es um die gro­ße Zahl von vor­han­de­nen Kir­chen­bau­ten geht, aber auch wenn sie den Kir­chen­bau als die «Hül­le» bezeich­net, in dem sich die «Fül­le» ereig­nen kann, näm­lich sich die Gemein­de zur Lit­ur­gie als der Fei­er des Glau­bens versammelt…

Aus der Per­spek­ti­ve der Lit­ur­gie­wis­sen­schaft von beson­de­rem Inter­es­se ist das 4. Kapi­tel, das über­schrie­ben ist: «Kir­che ist Hül­le und Fül­le. Bur­la­ges Oeu­vre im Licht von R. Schwarz’ Schrift Vom Bau der Kir­che» (153–192). Hier wird die für die Lit­ur­gi­sche Bewe­gung pro­gram­ma­ti­sche Schrift von Rudolf Schwarz (1938, 2. Aufl. 1947) im Hin­blick auf die zwei­te Pha­se von Bur­la­ges Archi­tek­tur­schaf­fen aus­ge­wer­tet. Dies hat einen eige­nen Reiz, hat Bur­la­ge sich doch ver­schie­dent­lich in sei­nen archi­tek­tur­theo­re­ti­schen Äuße­run­gen auf Schwarz bezo­gen. In einem wei­te­ren Kapi­tel wird der Umgang mit Bur­la­ges Kir­chen in der Gegen­wart «zwi­schen Denk­mal­schutz und Abriss» dar­ge­stellt, was mit der Fra­ge nach neu­en For­men der Nut­zung von Kir­chen­räu­men ein­her­geht und Hand­lungs­per­spek­ti­ven eröff­net, die von den kirch­li­chen Grund­voll­zü­gen mar­ty­ria, leitour­gia, dia­ko­nia aus­ge­hen und die­se in der koi­no­nia zusammenführen.“

Der Lau­da­tor wür­dig­te den inter­dis­zi­pli­nä­ren Ansatz der Stu­die mit ihren star­ken lit­ur­gie­wis­sen­schaft­li­chen, sons­ti­gen theo­lo­gi­schen und nicht zuletzt pas­to­ral-prak­ti­schen Impli­ka­tio­nen. Klö­cke­ner wies dar­auf hin, dass man nach die­ser Stu­die den Archi­tek­ten Theo­dor Bur­la­ge mit sei­nem cha­rak­te­ris­ti­schen und für die Nach­welt prä­gen­den Kir­chen­bau­ten ver­tieft beach­ten müs­se. Das vom DLI seit Jah­ren betrie­be­ne Pro­jekt «Stra­ße der Moder­ne» hat meh­re­re Bau­ten Bur­la­ges aufgenommen.

„Zur kom­ple­xen Pro­ble­ma­tik von Umnut­zung oder Abriss (ver­meint­lich) nicht mehr benö­tig­ter Kir­chen­bau­ten leis­tet die­se Stu­die eben­falls einen wich­ti­gen Bei­trag, wobei die Ver­fas­se­rin für einen den ursprüng­li­chen Sinn bewah­ren­den Erhalt der Kir­chen­bau­ten plädiert.“

 

Der Preis­trä­ge­rin selbst gab in einem Vor­trag einen Ein­blick in ihre For­schun­gen: Die inter­dis­zi­pli­nar zwi­schen Kunst-, Archi­tek­tur­ge­schich­te und Theo­lo­gie ange­leg­te Arbeit fragt im Anschluss an die erst­ma­li­ge und umfas­sen­de Bestands­auf­nah­me der Sakral­bau­ten Theo Bur­la­ges, die zwi­schen 1926 und 1966 über­wie­gend in Nord­west­deutsch­land ent­stan­den sind, nach den tie­fer­lie­gen­den Bedeu­tungs­ebe­nen kirch­li­cher Raum­ge­stal­ten. Auf die­ser Grund­la­ge ent­wi­ckelt sie Per­spek­ti­ven für einen sinn- und wid­mungs­ge­mä­ßen Erhalt moder­ner Sakralarchitektur.

 

Die Preisträgerin

 

Dr. Anja Becker-Choua­ti stu­dier­te Kunst­ge­schich­te, Katho­li­sche Theo­lo­gie und Deut­sche Phi­lo­lo­gie in Köln und Bonn mit dem Schwer­punkt sakra­le Kunst und Archi­tek­tur. Von 2013 bis 2018 war sie als Autorin und freie Mit­ar­bei­te­rin am Online-Pro­jekt „Stra­ße der Moder­ne. Kir­chen in Deutsch­land“ betei­ligt. Seit 2018 ist sie als Inven­ta­ri­sa­to­rin kirch­li­chen Kunst­gu­tes beim Erz­bis­tum Köln tätig.

 

 

 

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