Privat: „Singende Engel“ begleiten den Abschied vom Gotteslob
Chorsingen am 30. November im St.-Paulus-Dom in Münster
Münster/Freckenhorst (pbm). Die Handgriffe sind einfach, die Stimmung ist gut. Am Werktisch in der Druckerei der Freckenhorster Werkstätten wird derzeit nicht nur miteinander gesprochen und gelacht, sondern auch gesungen. Gerade hat Silvia Hörner die Seite 316 des alten Gotteslobs in der Hand, Lied Nummer 257, „Großer Gott, wir loben dich“. Das kennen alle Mitarbeiter der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Im großen Arbeitsraum wird gemeinsam angestimmt.
Die Gesangseinlagen zwischen den Druck- und Schneidemaschinen sind in diesen Tagen keine Seltenheit. Das Bistum Münster hat 2000 Engel bestellt. Als Material dienen Seiten des alten Gotteslobs, das am 1. Advent von der neuen Edition abgelöst wird. Sie sollen zum Beginn der Adventszeit, am 30. November, von der Decke des Paradieses, dem Eingangbereich des St.-Paulus-Doms in Münster, „fliegen“. Als „Würdigung des alten Gesangsbuchs″, wie Ulrich Grimpe, Leiter des Referats Kirchenmusik im münsterschen Generalvikariat erklärt.
Das Gotteslob sei auch ein Gebetbuch, sagt Grimpe: „Ein Buch aber, in dem oft gebetete Worte der Heiligen Schrift stehen, kann man nicht einfach so entsorgen.“ Er denkt dabei vor allem auch an die vielen tausend Bücher, die in den Kirchen des Bistums bereitgestellt wurden. Dort lagen sie seit 1974 aus, als diese Version des Gesangsbuches das vorangehende „Laudate“ ablöste. „Wir haben in einem Brief an die Pfarrgemeinden noch einmal auf unser Anliegen hingewiesen, für einen würdigen Abschied zu sorgen“, sagt Grimpe. Er hofft auf Aktionen, in denen der Übergang zum neuen Lieder- und Gebetbuch bewusst gestaltet wird. „Die Engel-Aktion im Dom kann ein Beispiel von vielleicht ja vielen sein“, sagt er.
Deshalb hatte er vor einigen Wochen acht Exemplare des alten Gotteslobs in den Kofferraum gepackt, um sie nach Freckenhorst zu bringen. Das Papier reicht für die dort herzustellenden Engel aus. Jeweils nur zwei Seiten pro Exemplar werden benötigt. Allerdings ist man ein wenig wählerisch. Nur Buchseiten, auf denen Noten zu sehen sind, sollen verwendet werden. In den Werkstätten freut man sich nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen über den Auftrag. „Die Engel haben sofort eine feierliche Stimmung mitgebracht“, sagt Jürgen Kirsch, der den Druckereibetrieb leitet. Insgesamt seien etwa 30 Mitarbeiter in den zehn Zweigstellen der Werkstätten mit der Produktion beschäftigt: „Es konnten so viele mitarbeiten, weil die Herstellung relativ einfach ist.“ Mit einer selbst hergestellten Schablone werden die Blätter per Hand gefalzt. Loch stanzen, Faden durchziehen, Holzkugel als Kopf obendrauf, mit der Klebepistole fixieren – fertig ist der Engel. Bei einigen, geübten Mitarbeitern dauert das nur wenige Minuten. Silvia Höner ist eine davon und hat große Freude an der Arbeit gefunden: „Weil ich am Ende etwas wirklich Schönes in der Hand halte.“ Gerade falzt sie Lied Nummer 505: „Du hast uns, Herr, gerufen…“. Sie schaue immer kurz, welches Lied sie gerade in der Hand halte: „Ich kenne ganz viele von ihnen“, sagt sie.
Die Erinnerung an die vielen Gottesdienste, in denen das alte Gotteslob seinen festen Platz hatte, war die Idee für das Projekt. „Die Musik ist die himmlischste aller Künste – und die himmlischste Musik ist der Engelsgesang“, erklärt Ulrich Grimpe den Grundgedanken. So sollen auch die Engel im „Paradies“ des Doms zum Singen einladen. Am 30. November, dem Samstag vor dem ersten Advent, quasi zum Wechsel vom alten zum neuen Gotteslob, kommen deshalb einige Chöre zusammen, um dem Kunstwerk auch klanglich Gewicht zu geben.
So werden sie die Eingangshalle, durch die offenen Türen aber auch den Wochenmarkt auf dem Domplatz mit Liedern aus beiden Versionen des Gotteslobs füllen. „Natürlich besonders mit adventlichen Liedern“, sagt Grimpe und ergänzt: „Mitsingen ist ausdrücklich erwünscht.“ Die Papierengel würden das ihre tun, um das Ereignis „himmlisch“ zu gestalten. Links und rechts wie zwei Wände angeordnet, würden sie „durch das Paradies“ geleiten. Und dabei das alte Gesangs- und Gebetbuch verabschieden und das neue begrüßen.
Folgender Ablauf ist für das Chorsingen am 30.11. im Paradies des St.-Paulus-Doms vorgesehen:
9 Uhr: Jugendchor Liebfrauen-Überwasser, Münster
10 Uhr: Chorgemeinschaft Heilig Kreuz, Münster
11 Uhr: Jugendchor Ad Sanctos, Xanten
12.15: Erste Eucharistiefeier mit dem neuen Gotteslob im St.-Paulus-Dom
13 Uhr: Kammerchor Freckenhorst
15 Uhr: Vesper mit der Dommusik