Liturgisches Jahrbuch 2/2024
Inhalt der Ausgabe 2/2024
Zu diesem Heft
Andreas Odenthal/Wolfgang Reuter
»AndersLiturgien«. Rituale an AndersOrten inklusiver Seelsorge für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen – Konturen eines praktisch-theologischen Projektes
Antonia Löffler
Nur für den Moment? Seelsorge und rituelles Handeln mit demenziell erkrankten Patient:innen auf gerontopsychiatrischen Stationen
Predrag Bukovec
Liturgie feiern mit Menschen in Demenz. Pastoralliturgische Herausforderungen und Kriterien
Dominik Abel
Das wandernde Gottesvolk begleiten. Die Grounded-Theology-Methodologie zwischen Empirie und Diskurs
Buchbesprechungen
Editorial 2/2024: ZU DIESEM HEFT
Die Deutsche Bischofskonferenz hat im Rahmen der Frühjahrs-Vollversammlung 2024 das Hochgebet in Leichter Sprache zur Erprobung in der liturgischen Praxis gutgeheißen.1 Die Einführung des Hochgebets soll die Teilhabe von Menschen mit kognitiver Einschränkung an der Eucharistiefeier ermöglichen. So stellt die Pastorale Einführung heraus, dass mit dem Eucharistischen Hochgebet in Leichter Sprache das Recht und die Pflicht aller Getauften (vgl. SC 14) – unabhängig von kognitiven Fähigkeiten – zur tätigen Teilnahme an den liturgischen Feiern realisiert werden soll. Das Hochgebet in Leichter Sprache ist eine Übersetzung des Hochgebets II, bei der jedoch einige Elemente, der Einleitungsdialog der Präfation, Sanctus, Einsetzungsworte, die Akklamation nach den Einsetzungsworten und die Doxologie, nicht verändert wurden, um Wiedererkennungsmerkmale beizubehalten. In dieser Gestalt soll es primär in solchen Messen gebetet werden, die von Gemeinden mit Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung gefeiert werden.
Vor jeder Kritik, wie etwa an der Übersetzung, dem sprachlichen Duktus oder dem zugrunde liegenden Inklusionsverständnis, ist herauszustellen, dass die Bischöfe mit dem Bewusstsein für eine gerechtere Teilhabe und der Sensibilität für sprachliche Barrieren pastorale und liturgische Verantwortung übernommen und ein wichtiges Zeichen gesetzt haben.
Mit der Erprobung des Hochgebets in Leichter Sprache wird die Frage, wie gottesdienstliche Feiern mit Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung inklusiv gefeiert werden können, grundsätzlich noch einmal neu aufgerufen. Wie sieht eine Gestalt von Liturgie aus, die gerechte Teilhabe ermöglicht? Diese und ähnliche Fragen greifen die Beiträge des vorliegenden Hefts mit dem Fokus auf liturgische Feiern mit Menschen mit demenziellen und psychischen Erkrankungen auf. Die Autor:innen weisen auf Grenzen der normativ geregelten Liturgie hin und eröffnen mit ihren Anfragen Räume für eine weiterführende Diskussion.
Predrag Bukovec (Linz) stellt für liturgische Feiern mit demenziell erkrankten Menschen als primäre Feierorte die Gemeinde und Pflegeeinrichtungen heraus. Ausgehend von diesen Orten und ihrer spezifischen Feierkultur, geht er auf die Bedeutung von liturgietheologischen Paradigmen ein und zeigt an einzelnen liturgischen Feierformen ihre Adaptionsmöglichkeit zur Feier mit demenziell erkrankten Menschen auf.
Die Beiträge von Wolfgang Reuter/Andreas Odenthal und Antonia Löffler gehen von Feldern jenseits der klassischen Pfarreistrukturen kirchlichen Handelns aus.
Wolfgang Reuter und Andreas Odenthal berichten vom Forschungsprojekt »Liturgien an AndersOrten« zur Liturgie und Seelsorge in der Psychiatrie, das getragen wird vom Referat Behinderten- und Psychiatrieseelsorge des Erzbistums Köln sowie den Lehrstühlen für Liturgiewissenschaft und der Pastoralpsychologie an der Universität Bonn. Reuter und Odenthal gehen der Frage nach, was in diesen »anderen« Situationen mit den institutionell angebotenen Ritualen geschieht, wie werden sie rezipiert, gedeutet und mitgestaltet. Mit einem multidimensionalen Zugang zu rituellen Erfahrungen zielen sie auf einen Perspektivwechsel ab, der die Menschen neu als Akteure der Liturgie und »Designer« ihrer Rituale wahrzunehmen vermag und den praktizierten Ritentransfer als Inspiration für die liturgische und seelsorgliche Praxis versteht.
Ein konkretes Praxisfeld stellt Antonia Löffler (Oberndorf am Neckar) mit ihrem Beitrag zur Seelsorge und rituellem Handeln mit demenziell erkrankten Patient:innen auf geschlossenen gerontopsychiatrischen Stationen vor. Mit dem fundierten Einblick in das Arbeitsfeld von Seelsorgenden im klinischen Kontext arbeitet sie neben der liturgisch-rituellen Praxis auch die spezifische Rolle der Seelsorgenden und die damit verbundenen Anforderungen an das seelsorgliche wie rituelle Kompetenzprofil heraus.
Der Beitrag von Dominik Abel (Erfurt) hätte bereits im Heft 1 dieses Jahrgangs erscheinen sollen. Durch ein bedauerliches Versehen ist dies nicht geschehen. Darum reichen wir hier seinen Aufsatz nach und bitten den Autor und die Leserinnen und Leser, den Fehler zu entschuldigen.
1 Die Feier der Heiligen Messe – Hochgebete in Leichter Sprache, herausgegeben für den Gebrauch im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Trier: VzF Deutsches Liturgisches Institut 2024.