Liturgisches Jahrbuch 4/2023
Inhalt der Ausgabe 4/2023
Editorial
Alexander Zerfaß
Liturgie in einer synodalen Kirche. Die deutschsprachige Liturgiewissenschaft im Studienjahr 2022/23
Andreas Bieringer
Eine (un)heilige Alianz. Klassisches zur Liturgie bei Goethe und Handke
Sandra Perino
»Das katholische Volk im lebendigen Takt mit der Liturgie«. Die Entwicklung der Freiburger Diözesanritualien (1835–1929)
Ann-Kathrin Gässlein
»Liturgie – doch nur Hokuspokus?!«. Bericht über die Jahrestagung der AKL-Junior vom 2. bis 5. März 2023 in Bamberg
Büchereinlauf
Editorial 4/2023: LITURGIE UND SYNODALITÄT
Die Wiedergewinnung synodaler Formen und Strukturen in der katholischen Kirche steht derzeit ganz oben auf der Agenda. Zwar verknüpfen sich durchaus unterschiedliche Vorstellungen, Wege und Kompetenzen mit dem, was »Synodalität« meint. Dass diese aber als ein Prinzip der Kirche zu gelten habe und wieder neu zu stärken sei, ist welt- wie ortskirchlich ein weithin anerkanntes Ziel. Dabei treten fast alle Felder kirchlichen Lebens in den Blick. Allerdings fällt auf, dass in diesem Zusammenhang eher selten von der Liturgie die Rede ist. Und das, obwohl ihr doch prominent zugesprochen wird, »Höhepunkt und Quelle« allen kirchlichen Lebens zu sein (vgl. SC 10). Zwar klingen in den Dokumenten und Arbeitspapieren bisher immer wieder einmal Hinweise auf den Gottesdienst an, welche Konsequenzen sich aber für die Liturgie ergeben, wenn sie in synodale, partizipative Prozesse einbezogen wird, bleibt weithin diffus.
Dies irritiert nicht zuletzt, weil bekanntlich die tätige Teilnahme der Gläubigen am Gottesdienst durchaus als zentrales Prinzip liturgischer Erneuerung begriffen und theologisch entsprechend als erstrangig bewertet wird, dies aber selbstredend nicht für die grundsätzliche Verantwortung für den Gottesdienst gilt. Hier ist es, trotz aller Beteuerungen, so, dass das »Volk« faktisch außen vor bleibt, wenn Entscheidungen rund um die Gestalt und Feier der Liturgie getroffen werden. Und dies gilt keineswegs nur für die weltkirchliche Ebene und die römischen Entscheidungsträger. Bis in die konkrete Gestalt des Gottesdienstes in den Gemeinden zeigen sich Defizite: Wenn Lektorinnen und Lektoren ihren Dienst als Zugeständnis des leitenden Klerikers erfahren, wenn Gottesdienstleiterinnen und -leiter sich als »Ersatz« für die fehlende Messe erleben, wenn die Vorbereitung und Planung der Drei Österlichen Tage völlig allein in den Händen des Priesters liegt. Zu Recht hat Benedikt Kranemann deshalb kürzlich gefordert: » Wenn über den Gottesdienst von morgen in der Kirche nachgedacht wird, muss konsequent für Transparenz und Teilhabe aller Gläubigen als der Getauften gesorgt werden, damit ihr Glaube und ihre Perspektiven auf den Gottesdienst stärker in die Liturgie einfließen.«1
Deshalb lässt der Synthese-Bericht »Auf dem Weg zu einer synodalen Kirche in der Sendung« aus der ersten Arbeitsphase der Weltsynode aufhorchen, da er erfreulicherweise der Liturgie etwas größere Aufmerksamkeit schenkt. Alexander Zerfaß (Salzburg) zeigt in seiner Einleitung zum diesjährigen AKL-Bericht einige Aspekte aus diesem Dokument auf, die für eine weitere Befassung seitens der Liturgiewissenschaft lohnenswert erscheinen. Wie üblich im letzten Heft eines Jahrgangs informiert der Bericht sodann über die Aktivitäten und Projekte an den liturgiewissenschaftlichen Lehrstühlen und in den liturgischen Instituten für das Studienjahr 2022/23. Dies ermöglicht einen aktuellen Einblick in die liturgiewissenschaftliche Forschung und Lehre, wie sie derzeit im deutschen Sprachgebiet betrieben werden.
Weitere Beiträge steuern Andreas Bieringer bei, dessen Antrittsvorlesung als Professor für Liturgiewissenschaft, Hymnologie und christliche Kunst an der Phil.-Theol. Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main dokumentiert wird, und Sandra Perino (Karlsruhe), die eine Studie über die Diözesanritualien des Erzbistums Freiburg/Br. vorlegt und damit einen Baustein zur Ritualienforschung liefert. Uber die 2023 veranstaltete Jahrestagung der AKL-Junior, der Vereinigung von Promovenden und Habilitanden im Fach Liturgiewissenschaft, berichtet schließlich Ann-Kathrin Gässlein (St. Gallen).
1 Benedikt Kranemann, Liturgia/ecclesia semper reformanda?! Sondierung eines Themenfeldes, in: Liturgie und Ekklesiologie. Reform des Gottesdienstes als Reform der Kirche, hg. v. Stephan Steger/Martin Stuflesser/Marco Weis/Stephan Winter, Regensburg 2023, 67–80, hier 74.