Mainzer Liturgiewissenschaftler Hansjakob Becker starb im Alter von 82 Jahren

Am 16. Juni 2021 starb der Main­zer Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler Hans­ja­kob Becker. Er war dem Deut­schen Lit­ur­gi­schen Insti­tut (DLI) ver­bun­den. Einen Teil sei­nes Nach­las­ses über­gab er schon vor Jah­ren der Biblio­thek des DLI. Bei der Trie­rer Som­mer­aka­de­mie 2017 zu „Lit­ur­gie und Gebet“ stell­te er als Refe­rent eines sei­ner letz­ten Pro­jek­te zur Erneue­rung des christ­li­chen Glau­bens heu­te vor: Klei­ne Gebe­te für jeden Tag (vgl. dazu die Inter­net­platt­form www.spurensuche.de). – Herr, gib ihm die ewi­ge Ruhe. Lass ihn leben in dei­ner Liebe.

 

 

Die Katho­lisch-Theo­lo­gi­sche Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Mainz schreibt in ihrem

 

Nach­ruf zum Tod von
Univ.-Prof. em. Dr. theol. Dr. phil. Hans­ja­kob Becker

29.10.1938 – 16.06.2021

 

Die Nach­richt vom Tod unse­res Kol­le­gen Hans­ja­kob Becker hat uns mit gro­ßer Trau­er erfüllt.

Hans­ja­kob Becker, gebo­ren am 29.10.1938 in Essen, stu­dier­te nach sei­nem 1957 in Saar­brü­cken abge­leg­ten Abitur Phi­lo­so­phie und Theo­lo­gie zunächst an der Domi­ni­ka­ner­hoch­schu­le Alber­tus Magnus in Wal­ber­berg, ab 1960 an der Lud­wig-Maxi­mi­li­ans-Uni­ver­si­tät in Mün­chen. 1969 wur­de er dort mit einer Unter­su­chung zur Lit­ur­gie des Kar­täu­ser­or­dens zum Dr. theol. pro­mo­viert. Da es damals noch nicht mög­lich war, sich als Laie in katho­li­scher Theo­lo­gie zu habi­li­tie­ren, begann Becker 1969 ein Zweit­stu­di­um in den Fächern Latei­ni­sche Phi­lo­lo­gie des Mit­tel­al­ters und Paläo­gra­phie, Musik­wis­sen­schaft sowie Kunst­ge­schich­te, das er 1975 mit der Pro­mo­ti­on zum Dr. phil. abschloss. 1977 schließ­lich erfolg­te die Habi­li­ta­ti­on im Fach Lit­ur­gie­wis­sen­schaft, im glei­chen Jahr wur­de er auf den C4-Lehr­stuhl für Lit­ur­gie­wis­sen­schaft und Homi­le­tik am Fach­be­reich Katho­li­sche Theo­lo­gie der Johan­nes Guten­berg-Uni­ver­si­tät beru­fen, wo er bis zu sei­ner Eme­ri­tie­rung 2004 lehr­te und forschte.

Das wis­sen­schaft­li­che Inter­es­se Hans­ja­kob Beckers war stets inter­dis­zi­pli­när und öku­me­nisch aus­ge­rich­tet. So war er Lei­ter des DFG-Pro­jekts „Kom­men­tier­te Edi­ti­on der ori­en­ta­li­schen, latei­ni­schen und refor­ma­to­ri­schen Ster­be- und Begräb­nis­lit­ur­gien“, Begrün­der der Rei­he „Pie­tas Lit­ur­gi­ca. Inter­dis­zi­pli­nä­re Bei­trä­ge zur Lit­ur­gie­wis­sen­schaft“ sowie Grün­dungs­mit­glied des Ver­eins „Kul­tur – Lit­ur­gie – Spi­ri­tua­li­tät. Inter­dis­zi­pli­nä­re Ver­ei­ni­gung zur Erfor­schung des christ­li­chen Got­tes­diens­tes“. Wei­te­re Schwer­punk­te sei­ner For­schun­gen lagen im Bereich der mit­tel­al­ter­li­chen Ordens­lit­ur­gien, spe­zi­ell der Kar­tau­se, sowie der mit­tel­al­ter­li­chen Hymno­die und des Deut­schen Kir­chen­lie­des. Hans­ja­kob Becker war Mit­glied des Cent­re de Recher­ches et d’Études de Spi­ri­tua­li­té Car­tu­si­en­ne und Mit­her­aus­ge­ber einer drei­bän­di­gen Geschich­te des Kar­täu­ser­or­dens „His­toire de l’Ordre des Chartreux“. Er grün­de­te zu Beginn der 1990er Jah­re zusam­men mit dem Ger­ma­nis­ten Her­mann Kurz­ke das „Gesang­buch­ar­chiv“ der Uni­ver­si­tät Mainz und war Initia­tor und Mit­glied des Lei­tungs­gre­mi­ums des DFG-Gra­du­ier­ten­kol­legs „Geist­li­ches Lied und Kir­chen­lied inter­dis­zi­pli­när“. In der Schluss­pha­se sei­nes Diens­tes als Hoch­schul­leh­rer und in der Zeit danach beschäf­tig­te er sich inten­siv mit der Rezep­ti­on der Bibel in Lit­ur­gie und Mys­tik. Sei­ne letz­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen gal­ten einer auf vier Jah­re ange­leg­ten Lese­ord­nung für Wort­got­tes­diens­te, die vor allem der Bedeu­tung des Alten Tes­ta­ments für die christ­li­che Lit­ur­gie Rech­nung tra­gen will, und einer Hil­fe­stel­lung für das täg­li­che Gebet, die christ­li­che Glau­bens­zeug­nis­se von den ägyp­ti­schen Wüs­ten­vä­tern bis zu Dag Hammars­kjöld und Made­lei­ne Del­brêl erschließt.

Die Über­zeu­gung, dass die gefei­er­te Lit­ur­gie ein Erkennt­nis-Ort der Theo­lo­gie ist, moti­vier­te sein Enga­ge­ment auf prak­ti­schem Gebiet. Aus der Zusam­men­ar­beit des pas­sio­nier­ten Sän­gers Hans­ja­kob Becker mit der Capel­la Anti­qua Mün­chen und deren Lei­ter Kon­rad Ruh­land gin­gen meh­re­re Schall­plat­ten­pro­duk­tio­nen her­vor. Auf Beckers Initia­ti­ve hin wird seit 1978 in jedem Jahr in der Augus­ti­ner­kir­che in Mainz eine advent­li­che Vigil gefei­ert, ein durch Psal­mo­die, Lesun­gen und Gesang bestimm­ter Nachtgottesdienst.

Vie­le Genera­tio­nen von Stu­die­ren­den erleb­ten Hans­ja­kob Becker als einen begeis­tern­den, humor­vol­len und klu­gen Leh­rer, der ihnen und ihren Fra­gen auf­rich­ti­ges Inter­es­se ent­ge­gen­brach­te. Sei­ne Schü­le­rin­nen und Schü­ler, deren Pro­mo­ti­on oder Habi­li­ta­ti­on er beglei­te­te, haben durch den Men­schen und Wis­sen­schaft­ler Hans­ja­kob Becker eine nach­hal­ti­ge Prä­gung für ihr eige­nes For­schen und Leh­ren erfah­ren dürfen.

 

Die Katho­lisch-Theo­lo­gi­sche Fakul­tät gedenkt Hans­ja­kob Becker im Gebet und hält ihn als Wis­sen­schaft­ler, Leh­rer und Kol­le­gen in dank­ba­rer und ehren­der Erinnerung.

Univ.-Prof. Dr. Ste­phan Goe­rtz, Dekan der Katho­lisch-Theo­lo­gi­schen Fakul­tät der JGU Mainz
Univ.-Prof. Dr. Ans­gar Franz, Pro­fes­sur für Lit­ur­gie­wis­sen­schaft und Homiletik

Mainz, den 17. Juni 2021

 

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