Studie mit besonderer Relevanz – zum achten Mal wurde der Balthasar-Fischer-Preis verliehen
Das Deutsche Liturgische Institut (DLI) hat am 7. Juni 2021 im Rahmen einer digitalen Festveranstaltung den Balthasar-Fischer-Preis 2020 zur Förderung der liturgiewissenschaftlichen Forschung verliehen. Die Übergabe des mit 3000 Euro dotierten Preises erfolgte durch den Trierer Bischof Stephan Ackermann, der gleichzeitig Vorsitzender des DLI-Trägervereins sowie der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz ist.
Gesponsert wurde der Balthasar-Fischer-Preis 2020 vom Verein zur Förderung des Deutschen Liturgischen Instituts.
Bischof Stephan Ackermann, Vorsitzender des Deutschen Liturgischen Instituts e.V., „überreicht“ Urkunde und Preis.
Preisträger ist Dr. Samuel-Kim Schwope aus Dresden. Er erhält die Auszeichnung, die zum achten Mal vergeben wurde, für seine herausragende Studie „‚Segne diese Menschen, die du zum Dienst in deine Kirche sendest …‘. Liturgische Feiern zur (Aus-)Sendung und Beauftragung von Gemeinde- und Pastoralreferentinnen/-referenten“. Die Dissertation wurde 2019 von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt angenommen und erschien 2020 in einer leicht überarbeiteten Fassung im Echter Verlag unter dem Titel „Gesandt, nicht geweiht? Sendungs- und Beauftragungsfeiern von Gemeinde- und Pastoralreferentinnen/-referenten“ (vgl. Gd 12/2020, S. 135).
Der Laudator Prof. Dr. Albert Gerhards (Bonn) hob zunächst die wissenschaftliche Qualität der Arbeit hervor, um sie anschließend mit dem Stifter des Preises, dem Trierer Liturgiewissenschaftler Balthasar Fischer (1912–2001) in Beziehung zu setzen. Bei aller Wertschätzung priesterlicher Berufung und Lebensform, die er zeitlebens hochhielt, sei Fischer jemand gewesen, der das Weiheamt niemals gegen das gemeinsame Priestertum ausgespielt habe. Im Gegenteil: Wie kaum ein anderer seiner Generation habe er inklusiv gedacht. Daher wäre er z. B. hocherfreut gewesen über das im Januar veröffentlichte Dekret von Papst Franziskus über die Zulassung von Frauen für die Beauftragung zum Lektoren- und Akolythendienst sowie zu möglichen weiteren sogenannten Laiendiensten. Auch die gemeinsame theologische Ausbildung und pastoral-praktische Qualifizierung von Priesteramtskandidaten und Laientheologinnen und -theologen sei Fischer zeitlebens ein großes Anliegen gewesen.
Samuel-Kim Schwopes Dissertation, die Sendungs- und Beauftragungsfeiern von den hauptamtlich in der Seelsorge Tätigen, den nicht durch eine sakramentale Weihe in den Dienst genommenen kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in den Fokus nimmt, habe laut Gerhards das große Verdienst, „eine Schneise durch den Dschungel der Praktiken und der reichen theologischen Literatur zu schlagen und die Diskursebenen zu sondieren“. Dazu hat Schwope im Vorfeld eine Erhebung der Sendungs- und Beauftragungsfeiern in allen 27 deutschen Bistümern vorgenommen und ausgewertet. Zunächst gibt die Studie einen Überblick über die Entwicklung der pastoralen Berufe, deren Wurzeln bereits 100 Jahre zurückliegen. Durchgehender Tenor bleibt ihre ekklesiologische Verortung, d. h. stets die Frage, wie sie sich gegenüber dem geweihten Amtspriestertum positionieren. Den umfangreichsten Teil der Arbeit bilden die Einzeluntersuchungen der Feierelemente der Sendungs- bzw. Beauftragungsfeiern, wobei insbesondere ihr theologischer Gehalt reflektiert wird. Auf diese Weise kommt das jeweils in ihnen intendierte Profil der Berufung ans Licht. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht das Segensgebet als zentrales Element der Feier. Die verschiedenen Varianten schwanken zwischen Ordination und Segen bis hin zur einfachen Oration – wieder ein Hinweis auf die unterschiedliche ekklesiologische Positionierung der Gemeinde- und Pastoralereferentinnen und -referenten. Abschließend werden die theologischen Konsequenzen aus dem Befund gezogen: Wie sind die Feiern sakramententheologisch und ritualtheoretisch zu verorten? Wie ist die theologische Qualität der Segens- bzw. Beauftragungsfeier gegenüber dem in der Initiation bereits Mitgegebenen zu bewerten? Letztlich bleiben viele Fragen offen, die weiterer Klärung bedürfen. Die Liturgie sei hier Indikator für Ungeklärtes, so Gerhards am Ende seiner Lauditio: „In Zeiten, in denen selbst von höchster kirchlicher Autorität die Frage nach der Angemessenheit von kirchlichen Machtstrukturen und klerikalen Verhaltensformen gestellt wird, hat die prämierte Arbeit eine besondere Relevanz nicht aufgrund ihrer Tagesaktualität, sondern weil sie in die theologischen Tiefendimensionen dieser Fragen verweist“.
Samuel-Kim Schwope: „Segen ist nie harmlos.“
In seinen Dankesworten wies Dr. Schwope darauf hin, dass er die Auszeichnung nicht nur als Würdigung seiner wissenschaftlichen Studie verstehe, „sondern vor allem als Anerkennung des Themas der liturgischen Indienstnahme von Frauen und Männern für einen Dienst in der Kirche“. Die Aktualität der Untersuchung sei nicht zuletzt durch das 2021 von Papst Franziskus veröffentlichte Motu proprio „Spiritus Domini“ deutlich geworden, das endlich die weltkirchliche Zulassung von Frauen für die Dienstämter der Kirche ermöglicht – über 50 Jahre nach dem Konzil.
Das zentrale Geschehen bei den Aussendungs- und Beauftragungsfeiern sei, wie Schwope betonte, nicht etwa die Überreichung einer Urkunde, „sondern ein idealerweise anamnetisch-epikletisches Segensgebet“. Die Hochschätzung des Segens zeigt sich auch und gerade im nichtchristlichen Umfeld, in der Diasporasituation des Bistums Dresden-Meißen mit ca. 3,5 % Katholiken. Der Kirche werde hier „in der Regel mit Neugier, vorsichtiger Scheu, Desinteresse oder mit einem belächelnden Blick begegnet. Selten bis nie mit offenem Hass oder Häme.“ Dies habe sich durch die Stellungnahme der Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare geändert. „Im gesellschaftlichen Kontext haben wir uns nicht nur weit ins Abseits, sondern außerhalb des Stadions befördert“, musste Schwope als Bischofssekretär bei Segnungen in der Öffentlichkeit erfahren. Vor dieser Negativfolie zeige sich aber auch, bei aller Kritik sei „völlig fraglos: Dass es so etwas wie einen Segen gibt. – Das wird in all der Diskussion als Gegeben und offensichtlich auch als Gewichtig vorausgesetzt.“
Schwope schloss seinen Dank mit einem Zitat des Liturgiewissenschaftlers Bruno Kleinheyer (1923-2003): Beim Segen „geschieht etwas in Gottes Kirche, an dieser Kirche Gottes und an einem (oder mehreren) ihrer Glieder. Und was da geschieht, geschieht nicht primär durch die Tat des Leiters der Gemeinschaft, auch nicht durch den freien Entscheid des betreffenden Menschen[…]; das Gebet macht offenkundig: Die Betenden glauben, hier geschehe etwas von Gott her.“
Samuel-Kim Schwope: Gesandt, nicht geweiht? Sendungs- und Beauftragungsfeiern von Gemeinde- und Pastoralreferentinnen/-referenten, Erfurter Theologische Studien 116, Echter Verlag, Würzburg 2020. Informationen und Leseprobe
Dr. Samuel-Kim Schwope (geb. Nguyen) wurde 1988 in Dresden geboren und hat in Erfurt und Freiburg i. Br. Katholische Theologie studiert. Während seines Promotionsstudiums von 2016 bis 2019 gehörte er dem Theologischen Forschungskolleg der Universität Erfurt an. Seit 2014 Seelsorger des Bistums Dresden-Meißen, ist er seit 2018 persönlicher Referent des Bischofs von Dresden-Meißen und Mitglied der Liturgiekommission der Diözese. Seit 2020 bekleidet er zusätzlich das Amt des Domzeremoniars an der Dresdner Kathedrale. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.