281Liturgisches Jahrbuch 2/2020

Inhalt der Ausgabe 2/2020

 

Edi­to­ri­al
»BAUHAUS« – 2020

Jür­gen Bärsch
Lit­ur­gi­sche Bewe­gung im Hori­zont neu­er Auf­brü­che am Beginn des 20. Jahr­hun­derts. Die Bedeu­tung gesell­schaft­li­cher, kul­tu­rel­ler und theo­lo­gi­scher Wand­lun­gen für eine neue Sicht der Kir­che und ihres Gottesdienstes

Manue­la Klauser
Theo­dor Bog­ler (1897–1968) – Kunst und Lit­ur­gie als Auf­ga­be am Menschen

Wal­ter Zahner
Ästhe­tik des Glau­bens als Pro­pri­um in Werk und Wir­ken von Aloys Goe­r­gen. Eine bio­gra­fisch-lit­ur­gie­theo­lo­gi­sche Annäherung

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Editorial 2/2020: »BAUHAUS« – 2020

»Nie wohl ging Deutsch­land als Nati­on durch eine zugleich so poli­tisch pre­kä­re wie intel­lek­tu­ell explo­si­ve Umwelt wie vor gut hun­dert Jah­ren, als im Früh­ling 1919 das Bau­haus gegrün­det wur­de«, schrieb Hans Ulrich Gum­brecht am 15. Sep­tem­ber 2019 in der NZZ.1 Die unzäh­li­gen Ver­an­stal­tun­gen anläss­lich des 100jährigen Bau­haus-Jubi­lä­ums haben gezeigt, dass die Ener­gien, die damals durch die­se Gemenge­la­ge frei­ge­setzt wor­den sind, durch­aus bis heu­te nach­wir­ken. Auch die Stu­di­en­wo­che »Lit­ur­gie – Kunst – Kul­tur« hat die­se Ener­gien auf­zu­neh­men ver­sucht. Sie wur­de unter dem Titel »Mehr als Bau­haus. Auf­brü­che in Lit­ur­gie und Ästhe­tik am Anfang des 20. Jahr­hun­derts« Anfang Sep­tem­ber 2019 in Koope­ra­ti­on des Deut­schen Lit­ur­gi­schen Insti­tuts, Trier, des Kom­pe­tenz­zen­trums für Christ­li­che Spi­ri­tua­li­tät der Phi­lo­so­phisch- Theo­lo­gi­schen Hoch­schu­le Müns­ter »IUNCTUS«, der Pro­fes­sur für Lit­ur­gie­wis­sen­schaft der PTH sowie der Aka­de­mie Franz Hit­ze Haus in Müns­ter durch­ge­führt. Wie der Titel schon sagt: Die zahl­rei­chen Refe­ra­te von Theologen*innen, Kunsthistorikern*innen, Architekten*innen und Künstlern*innen sowie die Exkur­si­on u. a. zum Hein­rich Neuy Bau­haus Muse­um in Borg­horst waren so ange­legt, dass nicht nur das Bau­haus selbst und sei­ne direk­te Vor- und Rezep­ti­ons­ge­schich­te the­ma­ti­siert wur­den. Viel­mehr ging es dar­um, die ins­ge­samt in die­ser Pha­se des 20. Jahr­hun­derts ein­ge­lei­te­ten Auf­brü­che zu fokus­sie­ren, ins­be­son­de­re auch, inso­fern sie kirch­li­che Dyna­mi­ken wie die lit­ur­gi­sche Bewe­gung mit ein­be­zo­gen haben bzw. ent­spre­chen­de Wech­sel­wir­kun­gen zu ver­zeich­nen sind.
Drei der Vor­trä­ge bil­den die Grund­la­ge für Auf­sät­ze des vor­lie­gen­den Heftes:
Jür­gen Bärsch rekon­stru­iert das ange­deu­te­te Feld sich wech­sel­sei­tig beein­flus­sen­der Strö­mun­gen inner­halb und außer­halb von Kir­che. Die bei­den ande­ren Auf­sät­ze wid­men sich zwei Per­sön­lich­kei­ten, die für das Phä­no­men umfas­sen­der Netz­werk­bil­dun­gen ste­hen kön­nen, wie sie für die­se Pha­se und über sie hin­aus kenn­zeich­nend waren: Manue­la Klau­ser beschäf­tigt sich mit dem Bau­häus­ler und spä­te­ren Maria Laacher Mönch Theo­dor Bog­ler, der vor allem im Bereich der Gra­fik und dann der Kera­mik künst­le­risch aus­ge­wie­sen war, zugleich inner­halb der lit­ur­gi­schen Bewe­gung, wie sie von Maria Laach aus­ging, eine prä­gen­de Rol­le ein­neh­men konn­te. So wur­de er auch zu einem der Mit­be­grün­der des Deut­schen Lit­ur­gi­schen Insti­tuts in Trier. Wal­ter Zahner beleuch­tet hin­ge­gen mit dem Münch­ner Pries­ter und zeit­wei­sen Prä­si­den­ten der Aka­de­mie der bil­den­den Küns­te und Grün­der der Land­aka­de­mie Rat­ten­bach Aloys Goe­r­gen einen Men­schen, der es auf­grund sei­ner umfas­sen­den Bil­dung und sei­nes Cha­ris­mas ver­moch­te, ver­schie­dens­te Impul­se, wie sie aus der genann­ten Epo­che ent­stan­den, nach dem Zwei­ten Welt­krieg auf­zu­neh­men und in einem ganz eige­nen Kon­zept von Gemein­de­bil­dung aus lit­ur­gisch-spi­ri­tu­ell-ästhe­ti­scher Pra­xis zu synthetisieren.
Die Müns­te­ra­ner Stu­di­en­wo­che konn­te bele­gen, was Gum­brecht in sei­ner Inter­pre­ta­ti­on der Bau­haus-Geschich­te so for­mu­liert: »Eben die Ideen- und Bil­der-Span­nung sei­ner Geburt […] hat […] nach sei­ner Schlie­ßung im ers­ten Jahr der Nazi­herr­schaft dann auch als zün­den­der Fun­ke und Brenn­satz für eine inter­na­tio­na­le Kome­ten­bahn fort­ge­wirkt, die das Bau­haus zur »wir­kungs­mäch­tigs­ten Schu­le« kul­tu­rel­len Stils gemacht hat. Dass der Stil und sei­ne Pro­duk­te über ein Jahr­hun­dert kaum etwas von ihrer frü­hen Aktua­li­tät und Attrak­ti­vi­tät ver­lo­ren haben, will uns wie ein Wider­stand gegen die sonst neu­tra­li­sie­ren­de Wir­kung von Geschich­te erschei­nen.« Die wei­te­re For­schungs­ar­beit soll­te sich, so Gum­brecht, dar­auf kon­zen­trie­ren, »dar­über nach­zu­den­ken, an wel­chen Kom­po­nen­ten des Bau­haus-Erbes in unse­rer Gegen­wart wir fest­hal­ten oder nicht fest­hal­ten wol­len.« Dar­an soll­ten sich auch die an der Stu­di­en­wo­che betei­lig­ten Dis­zi­pli­nen in engem Dia­log wei­ter betei­li­gen, denn: »So könn­te die Ener­gie eines pre­kä­ren Moments aus der Ver­gan­gen­heit intel­lek­tu­el­le Über­le­bens­fun­ken in der Lethar­gie ihrer schein­bar satu­rier­ten Gegen­wart ent­zün­den. Die Zeit einer Ent­my­thi­sie­rung und einer his­to­ri­schen Ein­ord­nung des Bau­hau­ses aus der Distanz hin­ge­gen, wie man sie für die­ses Jubi­lä­ums­jahr ange­setzt und erwar­tet hat­te, mag noch gar nicht gekom­men sein. Dafür ist sei­ne Welt in unse­rer Welt wohl all­zu leben­dig geblieben.«

1 Online zugäng­lich: https://www.nzz.ch/feuilleton/das-bauhaus-schrieb-geschichte-undwiderstand-ihr-zugleich-ld.1501761 (letz­ter Auf­ruf: 01.04.2020).

 

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