285Liturgisches Jahrbuch 3/2019

Inhalt der Ausgabe 3/2019

 

Edi­to­ri­al
GESCHICHTE ALS AUFGABE LITURGIEWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG

Bern­hard Schneider
Geleb­ter Glau­be: His­to­ri­sche Per­spek­ti­ven und gegen­wär­ti­ge Her­aus­for­de­run­gen im Gespräch zwi­schen Kir­chen­ge­schich­te und Liturgiewissenschaft

Ste­phan Winter
Erzähl- und Mahl­ge­mein­schaft – Die Theo­lo­gie des luka­ni­schen Dop­pel­werks als ein Schlüs­sel zum Ver­ständ­nis der Eucharistie

Ste­fan Böntert
Got­tes­dienst im Schnitt­feld von Theo­lo­gie und Kul­tur – Zur neu­en ‚Geschich­te der Lit­ur­gie in den Kir­chen des Westens’

Buch­be­spre­chun­gen

 

 

 

 


 

Editorial 3/2019: GESCHICHTE ALS AUFGABE LITURGIEWISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNG

Als vor fast sieb­zig Jah­ren das ers­te Heft des „Lit­ur­gi­schen Jahr­buchs“ erschien, hat der dama­li­ge ers­te Her­aus­ge­ber, der Mün­che­ner Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler Joseph Pascher (1893–1979), ein­füh­rend die Auf­ga­be der neu­en Zeit­schrift skiz­ziert, „die Lit­ur­gie der römi­schen Kir­che ver­ste­hen zu leh­ren – aus dem geschicht­li­chen Wer­den, aus dem theo­lo­gi­schen Gehalt und von der Sinn­ge­stalt her, die dem reli­giö­sen Voll­zug je und je zur Ver­wirk­li­chung in hei­li­ger Fei­er vor­ge­legt wird. Das Jahr­buch wird somit kei­nes­wegs auf geschicht­li­che und theo­lo­gi­sche Unter­su­chun­gen ver­zich­ten kön­nen, wird sein Haupt­au­gen­merk aber auf die objek­ti­ve Gestalt des lit­ur­gi­schen Got­tes­diens­tes rich­ten müs­sen.“1
Tat­säch­lich hat das Lit­ur­gi­sche Jahr­buch in die­sem Sin­ne die Erneue­rung des Got­tes­diens­tes vor und nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil mit wis­sen­schaft­li­chen Fach­bei­trä­gen zur Geschich­te und Theo­lo­gie und mit pra­xis­ori­en­tier­ten Auf­sät­zen zur Fei­er der Lit­ur­gie beglei­tet und ver­tieft. Auch wenn heu­te aus ver­schie­de­nen Grün­den das damals for­mu­lier­te Ziel, eine wie immer zu bestim­men­de objek­ti­ve Gestalt der Lit­ur­gie zum Gegen­stand des For­schens zu machen, als äußerst frag­wür­dig erscheint, bleibt das Anlie­gen berech­tigt und not­wen­dig, die his­to­ri­schen Aus­drucks­for­men got­tes­dienst­li­chen Fei­erns in einem wei­ten Sin­ne zu erhe­ben und kri­tisch zu reflek­tie­ren. Dabei kann es nicht allein um die kirch­lich appro­bier­ten (Hoch-)Liturgien gehen. Viel­mehr sind die höchst unter­schied­li­chen For­men reli­giö­ser Pra­xis und ihrer ästhe­ti­schen Insze­nie­rung ein­zu­be­zie­hen. Damit wei­tet sich das Feld lit­ur­gie­his­to­ri­schen Arbei­tens. Wenn die „Per­spek­ti­ve der jeweils Mit­fei­ern­den mit deren geist­li­chen Moti­ven und Such­be­we­gun­gen in Geschich­te und Gegen­wart“2 ein­be­zo­gen wird, ver­än­dern sich die Blick­rich­tun­gen. Neue Fra­gen, Quel­len und Metho­den tre­ten her­vor, eine brei­te Koope­ra­ti­on mit benach­bar­ten Dis­zi­pli­nen und Wis­sen­schaf­ten ist unver­zicht­bar. Das zeigt das vor­lie­gen­de Heft exem­pla­risch an.
Ein­lei­tend fragt der Trie­rer Kir­chen­his­to­ri­ker Bern­hard Schnei­der nach Per­spek­ti­ven und Her­aus­for­de­run­gen für die inter­dis­zi­pli­nä­re Zusam­men­ar­beit von Kir­chen­ge­schich­te und Lit­ur­gie­wis­sen­schaft. Er stellt nach­drück­lich bereits beschrit­te­ne Wege her­aus, ver­weist aber auf zahl­rei­che Fel­der, auf denen bei­de Dis­zi­pli­nen erst spo­ra­disch oder zum Teil noch gar nicht unter­wegs sind. Wenn er hin­weist auf die Trans­na­tio­na­lis­mus­for­schung, auf die Ver­kör­pe­rung reli­giö­ser Pra­xis oder die Gen­der­fra­ge, ste­hen gewich­ti­ge The­men an. Nicht min­der bedeut­sam sind die Anre­gun­gen, die sich aus einem kri­ti­schen Blick auf Gewalt, Macht und Macht­miss­brauch ergeben.
The­ma­tisch ergän­zend tritt die Mis­zel­le hin­zu, in der der Bochu­mer Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler Ste­fan Bön­tert das Ende letz­ten Jah­res erschie­ne­ne Werk „Geschich­te der Lit­ur­gie in den Kir­chen des Wes­tens“ vor­stellt und das Pro­fil die­ses neu­en Hand­buchs ein­ord­net in die Lit­ur­gie­ge­schichts­schrei­bung. Auch wenn eine sol­che Gesamt­dar­stel­lung immer nur den augen­blick­li­chen Stand der For­schung fest­hal­ten kann, zeigt sich doch, wie sehr die ver­än­der­ten Sicht­wei­sen lit­ur­gie­his­to­ri­schen Arbei­tens auf die­ses Werk Ein­fluss genom­men haben.
Den Mahl­erzäh­lun­gen im luka­ni­schen Dop­pel­werk geht Ste­phan Win­ter, Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler in Müns­ter, nach. Er befragt sie nach den dahin­ter lie­gen­den Aus­sa­ge- und Deu­te­mo­ti­ven und arbei­tet das spe­zi­fi­sche Erzähl­an­lie­gen des bibli­schen Autor her­aus. Dar­an anknüp­fend weist er auf die lebens­be­stim­men­de Bedeu­tung der Eucha­ris­tie für die christ­li­che Exis­tenz hin.

1 Joseph Pascher, Zur Ein­füh­rung, in: LJ 1 (1951) 5–7, hier 6.
2 Ste­phan Win­ter, Got­tes­dienst als Lebens­form. Zu Pro­fil und Metho­dik der Lit­ur­gie­wis­sen­schaft inner­halb des theo­lo­gi­schen Fächer­ka­nons, in: Die Wis­sen­schaft­lich­keit der Theo­lo­gie 2: Katho­li­sche Dis­zi­pli­nen und ihre Wis­sen­schafts­theo­rien, hg. v. Bene­dikt Paul Göcke / Lukas Valen­tin Ohler (Stu­di­en zur sys­te­ma­ti­schen Theo­lo­gie, Ethik und Phi­lo­so­phie 13/2), Müns­ter 2019, 307–348, hier 325.

 

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