»Credo in unum Deum«
(GL 177)

Musik: Jean-Paul Lécot und André Gouzes

 

Lied­por­trait von Mein­rad Walter

Die­ser Gesang führt uns in die Fei­er der Hei­li­gen Mes­se. Dort wird an Sonn- und Fest­ta­gen das Cre­do gesun­gen oder gespro­chen, ent­we­der das „Gro­ße Glau­bens­be­kennt­nis“ oder das soge­nann­te „Apos­to­li­cum“. Die­se Cre­do-Ver­to­nung ist Bei­trag aus der fran­zö­si­schen Kir­chen­mu­sik: ein­gän­gig und leicht aus­wen­dig nachzusingen. 

Ver­to­nun­gen des Cre­do ste­hen oft vor einem Dilem­ma. Ent­we­der muss – mit Rück­sicht auf die Lied­form – der lan­ge Text umfor­mu­liert und gestrafft wer­den, oder es ent­steht unter Bei­be­hal­tung des wört­li­chen Tex­tes eine musi­ka­li­sche Form, die kaum für den Gemein­de­ge­sang geeig­net ist. Hier jedoch ist das musi­ka­li­sche Glau­bens­be­kennt­nis gelun­gen. Viel­leicht auch des­halb, weil zwei erfah­re­ne fran­zö­si­sche Kir­chen­mu­si­ker und Kom­po­nis­ten die Autoren sind: Jean-Paul Lécot (geb. 1947) wirkt in Lour­des und hat vie­le Chor­wer­ke für die Lit­ur­gie die­ses bedeu­ten­den Pil­ger­or­tes geschaf­fen; der Domi­ni­ka­ner­pa­ter André Gou­ze (geb. 1943) hat in der ehe­ma­li­gen Zis­ter­zi­en­ser­ab­tei Syl­va­nès in den Pyre­nä­en ein kir­chen­mu­si­ka­li­sches Zen­trum auf­ge­baut und lotet mit sei­nen über­aus zahl­rei­chen ost­kirch­lich und gre­go­ria­nisch inspi­rier­ten Wer­ken neue Mög­lich­kei­ten des Gemein­de­ge­sangs aus, die er „Lit­ur­gie cho­ra­le du peu­p­le de Dieu“ (Gesun­ge­ne Lit­ur­gie des Got­tes­vol­kes) nennt.

Zwei musi­ka­li­sche Ebe­nen sind im Spiel, die sich gegen­sei­tig ergän­zen. Das refrainar­ti­ge „Cre­do in unum Deum“ ist als Kehr­vers der Gemein­de zuge­wie­sen. Das wirkt von Anfang an stim­mig, weil alle Ein­zel­aspek­te des Glau­bens ja dem Grund­be­kennt­nis „Cre­do in unum Deum“ zuge­ord­net sind. Die Melo­die betont über­dies jedes der drei wich­ti­gen Wor­te: „Cre­do“ im ers­ten Takt mit fanf­an­ren­haf­tem Ges­tus, „unum“ durch die beton­te Zähl­zeit, „Deum“ durch eine Ver­brei­te­rung. Die zwei­te Zei­le bringt die Wie­der­ho­lung der Wor­te, setzt aber im Sin­ne einer Stei­ge­rung gleich eine Terz höher ein. In sei­nem har­mo­ni­schen Reich­tum wirkt der zwei­glied­ri­ge Kehr­vers durch­aus hym­nisch. In der Mit­te öff­net er sich zu einem Halb­schluss, um dann mit dem Ganz­schluss als musi­ka­li­scher Bestä­ti­gung auf dem Grund­ton zu schließen.

Die nach einem vom Psal­men­ge­sang inspi­rier­ten vier­glied­ri­gen melo­di­schen Modell zu rezi­tie­ren­den ein­zel­nen Text­ab­schnit­te des Cre­do – sie bil­den die zwei­te musi­ka­li­sche Ebe­ne – kön­nen von der gesam­ten Gemein­de gesun­gen wer­den. Schlüs­si­ger aber ist es, wenn Kantor/in oder Scho­la sie vor­tra­gen. Hier steht die in ein­fa­chen Schrit­ten sich ent­fal­ten­de Har­mo­nik im Mit­tel­punkt. Sie wirkt sehr fass­lich, weil wir sol­ches Fort­schrei­ten aus vie­len baro­cken Musik­stü­cken ken­nen; man den­ke etwa an den berühm­ten „Kanon“ von Johann Pachel­bel. Der Halb­schluss am Ende des vier­glied­ri­gen psal­mo­di­schen Abschnitts führt jeweils orga­nisch zum Kehr­vers zurück, denn des­sen ers­ter Klang ist die Auf­lö­sung der im Vor­sän­ger­teil auf­ge­bau­ten har­mo­ni­schen Spannung.

Die Wor­te des apos­to­li­schen Glau­bens­be­kennt­nis­ses stam­men aus der römi­schen Tau­flit­ur­gie des 2./3. Jahr­hun­derts. Doch ursprüng­lich waren sie kein Mono­log, son­dern ein Dia­log! Drei­mal wird der Täuf­ling gefragt, ob er an Gott – den Vater, den Sohn, und den Hei­li­gen Geist – glaubt. Er ant­wor­tet jeweils mit „Cre­do“ und wird dazu drei­mal ins Was­ser getaucht. Spä­ter ver­liert der Text des Apos­to­li­cums sei­ne dia­lo­gi­sche Struk­tur und erhält theo­lo­gi­sche Prä­zi­sie­run­gen. Der Name Apos­to­li­cum lei­tet sich aus der Legen­de ab, dass jeweils ein Apos­tel einen der ins­ge­samt 12 Abschnit­te for­mu­liert habe.

Als Ergän­zung zum gespro­che­nen Glau­bens­be­kennt­nis oder zu lied­haf­ten For­men ist die­ses neue Cre­do eine über­aus sinn­vol­le Berei­che­rung. Es zeigt die gro­ße Wei­te des Got­tes­lob, das von vie­len natio­na­len Kul­tu­ren inspi­riert ist, hier von den in Frank­reich beson­ders gepfleg­ten Mög­lich­kei­ten des gemeind­li­chen Singens.

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